Die Spiele sind eröffnet – Mikropolitik in Unternehmen

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Führungskräfte sehen sich in ihrer Rolle mit drei Wirkungskreisen konfrontiert: dem Umgang mit sich selbst, die Führung eines Teams bzw. seiner Teammitglieder und das Wirken auf der gesamten Organisationsebene (wir haben darüber in unserem Beitrag „Mit 3 Imperativen zum Erfolg“ berichtet).

Viele junge Führungskräfte schenken allerdings dem innerbetrieblichen System wenig Bedeutung. Dabei findet man dort viele Stellhebel, die für die Führungsaufgabe besonders hilfreich sein können. Allerdings lauern auch einige Stolpersteine, die – wenn sie bewusst gemacht werden – vielerorts entkräftet werden können.

Was läuft denn da in der Organisation?

Eine Möglichkeit, um herauszufinden wie eine Organisation tickt, bietet der Blick auf die politischen Prozesse, die im Unternehmen ablaufen. Diese Prozesse erklären, warum manche organisatorischen Entscheidungen immer wieder nach bestimmten Regeln und Mustern getroffen werden. Deswegen wird dafür auch gerne der Begriff des „Spiels“ verwendet. Es gibt also Spieler, die einen gewissen Handlungsspielraum haben, und es gibt Spielregeln, nach denen gehandelt wird.

Hinter der Mikropolitik steckt das Bemühen, die systemeigenen materiellen und personellen Ressourcen zu nutzen, um persönliche Ziele zu erreichen. Die Motive können z.B. der Aufstieg im System, Machtgewinn, mehr Einfluss, Prestige oder Absicherung sein. Auch persönliche Rivalitäten können Auslöser für solche „Spielchen“ sein.

Dabei können alle Taktiken im guten Glauben, offen und authentisch eingesetzt werden – oder verdeckt, unter falschen Vorzeichen und mit Täuschungsabsicht. Es kann getäuscht, geblufft, gelogen, getrickst und manipuliert werden. Leider scheint es so zu sein, als würde Letzteres den Alltag prägen und sich in Zukunft auch noch verstärken.

Heimliche Spielregeln

Das Besondere an solchen politischen Spielen ist, dass sie „heimlich“ stattfinden. Warum?

Zum einen handelt es sich um unbewusste Vorgänge, die aus der Organisation entspringen und die Spielregeln gestalten. Der wichtigste indirekte Regelspender ist die Organisationsstruktur. Daneben wirken auch eine Reihe von informellen Regelungen, wie z.B. Konventionen oder die Organisationskultur.

Zum anderen will politisches Vorgehen bewusst geheim gehalten werden. Niemand will in Verruf kommen, seine Entscheidungen wären von persönlicher Taktik beeinflusst. Die Aufdeckung der wahren Gründe ist ein Tabu.

Welche Spiele werden gespielt?

Henry Mintzberg hat 1983 in einer Studie über Macht in Organisationen 13 häufig auftretende Spiele entdeckt, die er in 5 Gruppen eingeteilt hat.

Neben den Spielen zum Aufbau von Macht (lesen Sie dazu auch unseren Beitrag „Hüte dich vor der dunklen Seite der Macht“) lassen sich wohl am häufigsten Spiele im Zusammenhang mit Widerstand beobachten:

I. Spiele, in denen Widerstand gegen Autorität geleistet wird

Widerstandsspiele können entweder subtil oder offen-aggressiv erfolgen.

Beim subtilen Widerstand werden z.B. Entscheidungen manipuliert, unterlaufen oder überkorrekt ausgeführt. Dazu zählt auch der Versuch, andere – wie z.B. Berater oder Trainer – gegen das Management in Stellung zu bringen.

Beim aggressiven Widerstand kommt es zur offenen Rebellion, zu Streik, Sabotage oder demonstrativem Ungehorsam.

II. Spiele gegen die Widerstandsspiele

Dabei handelt es sich um konter-revolutionäre Spiele, die darauf abzielen, den Aufruhr der Mitarbeiter nieder zu schlagen oder ganz einfach im Keim zu ersticken.

Das höhere Management bekämpft den Widerstand, indem es auf die formale Autorität zurückgreift: Enge Überwachung, ständige Kontrollen, mehr Regeln, Bestrafung, Informationsausschluss und Rücknahme von Delegation sind die Folge.

Weitere politische Mittel sind Überzeugen, Appell an die Werte, Schmeicheln oder das Ausspielen von Mitarbeitern gegeneinander.

Literaturhinweise:

(1) Schreyögg, Georg (2006): Organisation – Grundlagen moderner Organisationsgestaltung. Gabler Verlag
(2) Nerdinger, Friedemann et al. (2011): Arbeits- und Organisationspsychologie. Springer Verlag
(3) von Ameln, Falko et al. (2009): Organisationsberatung beobachtet – Hidden Agendas und Blinde Flecke. Springer Verlag

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