Chef-Sache: Angst am Arbeitsplatz

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Ob in globalen Pandemien oder bei privaten Schwierigkeiten – Menschen haben Angst. Und seit der Corona-Krise mehr denn je. Auch vor der Bürotür macht die Angst nicht Halt. Ob die Angst vorm Jobverlust, die Sorge, es nicht recht und gut zu machen oder die Furcht vor Sanktionen – es ist Chef-Aufgabe, in der Firma einen möglichst angstfreien Raum bzw. ein angstfreies Klima zu schaffen. Wir geben einen Einblick, wie Sie Ängste bei Ihren Mitarbeitern erkennen und damit umgehen können.

Angst gehört zum Leben wie Hunger

Angst ist eine der 7 Grundemotionen laut dem Psychologen und Anthropologen Paul Ekman. Sie ist uns angeboren, genauso wie Hunger und Durst. Das Gefühl der Angst wird ausgelöst bei einer Bedrohung. Dabei ist es egal, ob es tatsächlich eine Gefahr gibt oder ob man sich diese nur vorstellt. Angst fühlt sich zwar unangenehm an, ist aber eine wichtige Schutz- und Warnfunktion.

Die Superkraft der Angst

Grundsätzlich dient Angst dazu, unser Nervensystem zu erregen, um entweder Situationen zu vermeiden oder die Flucht zu ergreifen (im Englischen “fight or flight”). Sofern sich Angst nicht im übermäßigen oder krankhaften Bereich bewegt, kann sie uns also dienlich sein. Denn Angst ist ein starker Antreiber. Sie treibt uns nämlich zum Handeln an. Dabei hilft sie uns, unser Leben in angenehme und sichere Zustände zu navigieren.

Die Schattenseiten der Angst

Bleibt Angst allerdings unbeachtet, führt sie zu hinderlichen Zuständen. “Menschen mit Ängsten sind weniger leistungsfähig, unkonzentrierter, weniger gesund und weniger innovativ.” Als Führungskraft ist es daher notwendig, Ihr Menschenbild upzudaten, um der Angst Ihrer Mitarbeiter nicht ausgeliefert zu sein.

Menschenbild 2024: Ängste sind ein Bestandteil des Mensch-Seins und müssen auch am Arbeitsplatz beachtet werden. 

Angst erkennen

Wie können Sie nun Ängste bei Ihren Mitarbeitern erkennen? Menschen, die Angst haben, verhalten sich meist anders als sonst. Wir haben eine Liste an Verhaltensweisen und beobachtbaren körperlichen Symptomen zusammengestellt, die darauf hindeuten, dass Ihr Mitarbeiter Angst haben könnte.

  • Ihr Mitarbeiter leistet weniger als sonst.
  • Sie haben das Gefühl, er ist nicht wirklich da oder bei der Sache. Er wirkt generell unkonzentrierter.
  • Normalerweise denkt er innovativ, seit längerem allerdings nicht mehr. 
  • Ihr Mitarbeiter wirkt in sich gekehrt oder nervös. 
  • Er ist sehr blass oder stark errötet.
  • Eigentlich war er eher entscheidungsfreudig. Das vermissen Sie seit einiger Zeit bei ihm.
  • Er weicht Herausforderungen aus. Findet Ausreden und fadenscheinige Gründe, etwas nicht tun zu müssen.
  • Er hat einen ausgetrockneten Mund. 
  • Seine Atmung ist kurz. 
  • Er schwitzt sichtbar stark oder zittert.
  • Sie erkennen eine auffällige Gewichtszunahme oder -abnahme. 
  • Er wird schnell emotional. Die kleinste Störung bringt ihn schon aus der Fassung.

Die Angst im Kontext betrachten

Als Führungskraft sollten Sie Ihre Beobachtungen zuerst abwägen und in einen Kontext bringen. Das ist notwendig, um zu entscheiden, wann Angst wirklich Zuwendung braucht. Wenn Ihr Mitarbeiter beispielsweise eine Präsentation hält, dabei nervös wirkt und zittert, ist das normal. Zittert er allerdings jedesmal, wenn er ins Büro kommt und ist immer wieder nervös über den ganzen Tag hinweg? Dann stellt das ein Problem dar und sollte beachtet werden.

Daumen-Regel: Wenn die Symptome oder Verhaltensweisen des Mitarbeiters über einen längeren Zeitraum anhalten oder die Leistungsfähigkeit deutlich verringern, muss darüber gesprochen werden.

Was die Angst braucht

Als Führungskraft sollten Sie sich gemeinsam mit dem Mitarbeiter Ihre Beobachtungen anschauen. Steckt tatsächlich Angst dahinter, braucht es von Ihnen Empathie und Verständnis. Drücken Sie das dem Mitarbeiter gegenüber aus! Manchmal reicht das Annehmen von Ängsten schon aus, um sie zu verringern. Manchmal aber auch nicht. In dem Fall können Sie zusammen herausfinden, was der Mitarbeiter braucht, um sich wieder entspannter zu erleben. Wie können Sie ihn dabei unterstützen? Finden Sie gemeinsam Lösungen.

Wertschätzender Ausflug: Corona-Pandemie

In der Corona-Krise wurden Ängste gesellschaftlich thematisiert. Endlich! Damit ist Angst (bis zu einem gewissen Grad) enttabuisiert worden. Das ist eine große Chance. Denn dadurch können wir das Potential von zwischenmenschlichen Beziehungen nutzen, um aus der Angst in die Kraft zu kommen. Ganz nach dem Motto: Zusammen geht’s leichter, schneller, besser.

Raum für die Angst schaffen

Ganz allgemein helfen Vertrauen und Transparenz dabei, Ängste zu verringern. Besonders als Führungskraft ist das wichtig. Mitarbeiter empfinden es als belastend, wenn Informationszugänge nicht vorhanden sind. 

Auch bei Ihren eigenen Emotionen sollten Sie hier nicht Halt machen. Zeigen Sie Offenheit! Kommunizieren Sie immer wieder, was Sie emotional beschäftigt. Damit kultivieren Sie einen vertrauensvollen Raum, in dem Ängste aus dem Schatten treten und bearbeitet werden können.

Lese-Tipp: Lesen Sie in unserem Artikel “Führungskräfte weinen nicht?! Emotionen zulassen.” mehr dazu, wie Sie mit Ihren Gefühlen als Führungskraft klar kommen.

Fazit: Bearbeitete Angst führt zu starken Mitarbeitern

Angst – unsere eigene wie auch jene unserer Mitarbeiter – muss ans Licht! Nur dort können wir sehen, dass sie in Wirklichkeit vielleicht ganz klein oder gar nicht berechtigt ist. Und nur wenn das, was Angst macht, auf den Tisch kommt, können wir sie bearbeiten und mitunter sogar auflösen. 

Manchmal ist es ein anstrengender und längerer Prozess, mit Angst umzugehen und sie in Ihre Führungsleistung zu integrieren. Schlussendlich aber werden Ihre Mitarbeiter Ihnen das mit Loyalität und Leistungsfähigkeit danken. Sie werden sehen!

Buch-Tipp: Wie können wir uns von Ängsten und negativen Gedanken befreien? Humorvoll und mit praktikablen Möglichkeiten wendet sich Dan Katz in seinem Buch „Angst kocht auch nur mit Wasser“ einbremsenden Verhaltensmustern zu.

Seminar-Tipp: Loslassen für Führungskräfte

In unserem 1,5-tägigen Seminar „Loslassen für Führungskräfte“ lernen die Teilnehmer, sich von allem zu trennen, was in ihrer Position als Führungskraft nicht (mehr) hilfreich ist. Sie erfahren, wie Sie sich Freiräume schaffen und dem „Führen“ zuwenden.

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